Aufgaben und Regulierungsthemen
Aufgaben
Die konkreten Aufgaben der Regulierungskammer sind in § 54 Abs. 2 EnWG abschließend aufgelistet. Dazu gehören:
- die Genehmigung der Entgelte für den Netzzugang nach § 23a,
- die Genehmigung oder Festlegung im Rahmen der Bestimmung der Entgelte für den Netzzugang im Wege einer Anreizregulierung nach § 21a,
- die Genehmigung oder Untersagung individueller Entgelte für den Netzzugang, soweit diese in einer nach § 24 Satz 1 Nr. 3 erlassenen Rechtsverordnung vorgesehen sind,
- die Überwachung der Vorschriften zur Entflechtung nach § 6 Abs. 1 in Verbindung mit den §§ 6a bis 7a,
- die Überwachung der Vorschriften zur Systemverantwortung der Betreiber von Energieversorgungsnetzen nach § 14 Abs. 1, §§ 14a, 14b und 15 bis 16a,
- die Überwachung der Vorschriften zum Netzanschluss nach den §§ 17 und 18 mit Ausnahme der Vorschriften zur Festlegung oder Genehmigung der technischen und wirtschaftlichen Bedingungen für einen Netzanschluss oder die Methoden für die Bestimmung dieser Bedingungen durch die Regulierungsbehörde, soweit
derartige Vorschriften in einer nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 erlassenen Rechtsverordnung vorgesehen sind, - die Überwachung der technischen Vorschriften nach § 19,
- die Missbrauchsaufsicht nach den §§ 30 und 31 sowie die Vorteilsabschöpfung nach § 33,
- die Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 110 Abs. 2 und 4 und
- die Festlegung und Feststellung der notwendigen technischen Anpassungen und Kosten im Rahmen der Umstellung der Gasqualität nach § 19a Abs. 2
- die Veröffentlichung nach § 23 b Abs. 1, mit Ausnahme von § 23 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 und 10 bis 13, die zugleich auch die Bundesnetzagentur wahrnehmen kann, und
- die Genehmigung der vollständig integrierten Netzkomponenten nach § 11 b Abs.1 Nr. 2 Halbsatz 2.
Ferner hat die Landesregulierungsbehörde allgemeine Anordnungsbefugnisse nach § 65 EnWG.
Hauptaufgaben
Die Hauptaufgaben der Regulierungskammer M-V sind insbesondere die Regulierung der Energieversorgungsnetze, die Überwachung der Vorschriften zur Entflechtung und die Missbrauchsaufsicht über die Betreiber der Energieversorgungsnetze.
Durch die Regulierung der Energieversorgungsnetze wird allen Marktteilnehmern ein diskriminierungsfreier Zugang zu den Netzen ermöglicht und die Voraussetzungen für einen sicheren, zuverlässigen und leistungsfähigen Netzbetrieb geschaffen. Hintergrund hierfür ist, dass die Strom- und Gasversorgungsnetze ein so genanntes natürliches Monopol darstellen, in denen der Wettbewerb nur eingeschränkt wirkt oder ganz außer Kraft gesetzt ist. Dies hängt damit zusammen, dass es volkswirtschaftlich nicht sinnvoll ist, in einem Gebiet parallele Strom- oder Gasleitungsnetze von verschiedenen Unternehmen zu errichten. Da kein Wettbewerb vorhanden ist, besteht für die Netzbetreiber kein Anreiz ihre Netzentgelte niedrig und kundenfreundlich festzulegen. Damit die Netzbetreiber keine Monopolgewinne erzielen und die Netze trotzdem so kostensparend wie möglich betreiben, werden die Strom- und Gasnetzbetreiber reguliert.
Maßgeblicher Gegenstand der Regulierung ist somit neben dem Zugang zu den Energieversorgungsnetzen die für den Zugang von den Netzbetreibern erhobenen Entgelte. Der Netzbetreiber darf maximal diejenigen Netzentgelte verlangen, die zuvor von der zuständigen Regulierungsbehörde als zulässig festgestellt wurden.
Daher gehört zu den häufigsten Aufgaben der Regulierungskammer M-V die Festlegungen von kalenderjährlichen Obergrenzen der zulässigen Gesamterlöse aus den Netzentgelten (Erlösobergrenzen) gegenüber den in Zuständigkeit der Regulierungskammer M-V fallenden Gas- und Stromnetzbetreibern für eine Regulierungsperiode. Die Regulierungsperiode dauert 5 Jahre. Die Netzbetreiber setzen sodann die Erlösobergrenzen in Entgelte für den Zugang zu den Energieversorgungsnetzen entsprechend der Vorschriften der Stromnetzentgeltverordnung beziehungsweise der Gasnetzentgeltverordnung um. Die jeweils für ihr Netz geltenden Netzentgelte haben die Netzbetreiber auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen.
Die gesetzliche Grundlage schafft § 21 a EnWG für das System der Anreizregulierung als Methode der Netzentgeltberechnung in der Energiewirtschaft.
Erlösobergrenze
Die Erlösobergrenze wird in § 4 Abs. 1 ARegV legal definiert. Es ist die Obergrenze der zulässigen Gesamterlöse eines Netzbetreibers aus den Netzentgelten. Die Erlösobergrenze wird sowohl für jeden Netzbetreiber gesondert festgelegt als auch getrennt für die Energiearten Strom und Gas. Die Festlegung der Erlösobergrenzen des Netzbetreibers erfolgt auf Grundlage des § 29 Abs. 1 EnWG i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1 und § 4 Abs. 1 und 2 ARegV für jedes Jahr der jeweiligen Regulierungsperiode. Die Erlösobergrenze eines Netzbetreibers bestimmt sich gemäß § 4 Abs. 1 ARegV nach Maßgabe der §§ 5 bis 16 und 19 ARegV.
Sie erfolgt gemäß § 7 ARegV in Anwendung der in Anlage 1 zu § 7 ARegV enthaltenen Regulierungsformel:
Ausgehend von der Regulierungsformel ist in einem ersten Schritt das Ausgangsniveau gemäß § 6 Abs. 1 ARegV im Wege einer kalkulatorischen Kostenprüfung nach den Vorgaben des Teils 2 Abschnitt 1 der Gasnetzentgeltverordnung (GasNEV) bzw. Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) zu bestimmen. Die Kostenprüfung erfolgt nach § 6 Abs. 1 S. 3 ARegV im vorletzten Kalenderjahr vor Beginn der Regulierungsperiode auf der Grundlage der Daten des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres. Dabei gilt gemäß § 6 Abs. 1 S. 4 ARegV das Kalenderjahr, in dem das der Kostenprüfung zugrunde liegende Geschäftsjahr endet, als Basisjahr im Sinne der Verordnung.
Daraufhin sind die dauerhaft nicht beeinflussbaren Kostenanteile (KAdnb,t), die vorübergehend nicht beeinflussbaren Kostenanteile (KAvnb,o) und die beeinflussbaren Kostenanteile (KAb,o) zuzüglich eines etwaigen Effizienzbonus (B0) zu ermitteln. Zur Gewährleistung des gleichmäßigen Abbaus der beeinflussbaren Kostenanteile ist sodann der Verteilungsfaktor (Vt) gemäß § 16 Abs. 1 ARegV zu bestimmen. Im Anschluss sind die weiteren Bestandteile der Formel zu ermitteln, also der Wert für die um den generellen sektoralen Produktivitätsfaktor (PFt) bereinigte allgemeine Geldwertentwicklung (VPIt/VPI0) nach §§ 8 und 9 ARegV, der Kapitalkostenaufschlag (KKAt) nach § 10a ARegV, ggf. das Qualitätselement (Qt) nach § 18 ff. ARegV, der volatile Kostenanteil nach § 11 Abs. 5 ARegV (VKt - VKo) sowie die Summe der Zu- und Abschläge (St) nach § 5 Abs. 3 ARegV.
Seit der 3. Regulierungsperiode (Gas ab 2018/Strom ab 2019) gelten die Vorschriften der ARegV-Novelle 2016 zu dem neu eingeführten Kapitalkostenabgleich. Dieser Kapitalkostenabgleich setzt sich aus zwei miteinander korrespondierenden und in Abhängigkeit stehenden Instrumenten zusammen. Zum einen dem Kapitalkostenabzug nach § 6 ARegV und zum anderen dem Kapitalkostenaufschlag nach § 10a ARegV. Der Kapitalkostenabzug gemäß § 6 Abs. 3 ARegV dient dazu, das zeitliche Absinken der Restbuchwerte der im Ausgangsniveau enthaltenen betriebsnotwendigen Anlagegüter und damit auch das Absinken der Kosten des Netzbetreibers für Abschreibungen, kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung, kalkulatorische Gewerbesteuer sowie für Fremdkapitalzinsen nachzufahren. Dadurch wird berücksichtigt, dass aus sinkenden Restbuchwerten sinkende Kapitalkosten resultieren. Haben die Restbuchwerte den Wert Null erreicht, werden künftig auch keine Kapitalkosten mehr berücksichtigt. Der Kapitalkostenabzug steigt über die Regulierungsperiode an.
Der Kapitalkostenaufschlag berücksichtigt die nach dem Basisjahr neu hinzugekommenen Investitionen. Dieser steigt im Verlauf der Regulierungsperiode an, wenn neue Investitionen getätigt werden.
Anschließend erfolgt als wesentliches Element der Anreizregulierung die Bestimmung der Effizienzwerte der Netzbetreiber nach Maßgabe der §§ 12 bis 15 ARegV. Die Kosten der einzelnen Netzbetreiber werden in einen Effizienzvergleich überführt, in dem für jeden Netzbetreiber seine individuelle Effizienz im Vergleich zu den anderen
Netzbetreibern bestimmt wird. Die Ineffizienzen (beeinflussbarer Kostenanteil, KAb,0) sind unter Anwendung eines Verteilungsfaktors (Vt) rechnerisch innerhalb der Regulierungsperiode gleichmäßig abzubauen (individuelle Effizienzvorgabe). Der Effizienzvergleich wird für Netzbetreiber im sogenannten Regelverfahren durchgeführt. Netzbetreiber im sogenannten vereinfachten Verfahren erhalten einen pauschalen Effizienzwert, der aus den Ergebnissen des Effizienzvergleichs der Regelverfahren abgeleitet wird.
Kapitalkostenaufschlag (KKauf)
Ab der 3. Regulierungsperiode können Netzbetreiber gemäß §4 Abs.4 Nr.1 i.V.m. § 10a ARegV eine Anpassung der Erlösobergrenze aufgrund eines Kapitalkostenaufschlags(KKAuf) beantragen. Ziel ist dabei, dass Kapitalkosten aus Investitionen, die nach dem Basisjahr getätigt wurden und deshalb nicht in der Festlegung der kalenderjährichen Erlösobergrenze eingeflossen sind, ohne Zeitverzug in der jeweiligen Erlösobergrenze berücksichtigt werden. Der Antrag muss bis zum 30.06. des Vorjahres (z.B. 30.06.2018 für die Erlösobergrenze 2019) durch den Netzbetreiber gestellt werden. Dieser enthält sowohl Ist- als auch Plan-Investitionen (z.B. Ist 2017, Plan 2018; Plan 2019).
Die Differenzen aus dem genehmigten Kapitalkostenaufschlag nach § 10a ARegV und dem Kapitalkostenaufschlag, wie er sich bei Berücksichtigung der tatsächlich entstandenen Kapitalkosten ergibt wird gemäß § 5 Abs. 1 a ARegV mit Wirkung für die zulässige Erlösobergrenze über das Regulierungskonto ausgeglichen.
Regulierungskonto
Über das Regulierungskonto soll sichergestellt werden, dass jeder Netzbetreiber den Gesamterlös einnehmen kann, der ihm nach § 21a Absatz 2 EnWG i.V.m § 4 ARegV als Obergrenze zusteht. Das Regulierungskonto bildet hierfür Mehr- und Mindererlöse des Netzbetreibers ab, um diese in den drei folgenden Jahren kostenmindernd- bzw. kostenerhöhend berücksichtigen zu können. Somit wird das Prognoserisiko hinsichtlich der abgesetzten Menge bei der Netzentgeltbildung nach § 17 Abs.1 Satz 3 i.V.m. § 20 StromNEV bzw. 16 GasNEV neutralisiert.
Neben der Abbildung der Mengenabweichungen, z.B. Witterungs- oder Konjunktureinflüsse, werden auch die Differenzen aus dem Plan-Ist-Kostenabgleich, z.B. bei den vorgelagerten Netzkosten, der Vergütung für dezentrale Einspeisung ins Stromnetz, der volatilen Betriebskosten und des Kapitalkostenabgleichs berücksichtigt. Allerdings dient das Regulierungskonto grundsätzlich nicht dazu, eine fehlerhafte regulatorische Kostenprüfung nachträglich wirtschaftlich zu berichtigen. Voraussetzung ist vielmehr eine rechtmäßige Bestimmung des Ausgangsniveaus der Erlösobergrenze (BGH, Beschl. v. 28.6.2011, EnVR 48/10, Rn. 13).
Das Regulierungskonto wird vom Netzbetreiber selbst geführt. Der Saldo wird vom Netzbetreiber bis zum 31. Dezember des Folgejahres ermittelt und der Regulierungsbehörde gemäß § 4 Abs. 4 Nr. 1a ARegV zur Genehmigung vorgelegt. Der jeweils ermittelte Saldo dieser Positionen wird inklusive Zinsen über die nächsten drei Jahre verrechnet und bildet dann einen Bestandteil der Erlösobergrenze (St). Durch die Verteilung der kalenderjährlich ermittelten Mehr- bzw. Mindererlöse des Netzbetreibers über die folgenden drei Jahre sollen starke Schwankungen bei den Netzentgelten zu Beginn einer Regulierungsperiode vermieden werden. Hierdurch soll die Tarifstabilität für die Netzkunden gewährleistet werden. Durch das Regulierungskonto soll auch die Planbarkeit für die Vertriebe und Netznutzer erhöht werden. Für die Netzkunden, die Strom- und Gashändler, ist ein stabiles Netzentgelt für die Kalkulation ihrer Endkundenpreise ein entscheidender Faktor.
Qualitätselement (Q-Element)
Auf die Erlösobergrenzen können gemäß § 19 Abs. 1 ARegV Zu- oder Abschläge vorgenommen werden, wenn Netzbetreiber hinsichtlich der Netzzuverlässigkeit oder der Netzleistungsfähigkeit von Kennzahlenvorgaben abweichen (Qt). Die Qualitätsregulierung setzt Netzbetreibern einen Anreiz, ihre Versorgungsaufgabe in hoher Qualität zu erfüllen. Das Qualitätselement wirkt sich auf die Erlösobergrenze aus, sodass ein Anreiz zu einer langfristigen Investitionstätigkeit in das Netz gesetzt wird, um Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit sicherzustellen. Das Qualitätselement gilt derzeit nur für Stromnetzbetreiber im regulären Verfahren.
Das netzbetreiberindividuelle Qualitätselement wird ab dem 01.01.2021 bis zum Ende der dritten Regulierungsperiode Elektrizität jährlich auf Grundlage aktualisierter Daten neu bestimmt (rollierendes Verfahren). Für die Bestimmung Qualitätselement ergehen drei Festlegungen:
-
Datenerhebung (jährlich durch die Bundesnetzagentur):
Aufgrund dieser Festlegung werden die relevanten Strukturparameter der Netzbetreiber erhoben.
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Methodik mit Bericht (einmal pro Regulierungsperiode durch die zuständige Regulierungsbehörde):
Damit wird festgeschrieben, wie das Qualitätselement in den Folgejahren berechnet wird.
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Individuelles Qualitätselement: (jährlich durch die zuständige Regulierungsbehörde):
In dieser wird der individuelle Wert des Qualitätselements und dessen Auswirkung (Bonus/Malus) auf die kalenderjährliche Erlösobergrenze bestimmt.
Mit Beschluss vom 19.01.2021 (Aktenzeichen RK669-00000-2020/003) erging die Methodikfestlegung für die Jahre 2021 bis 2023 für die Netzbetreiber in der Zuständigkeit der Regulierungskammer M-V.
Mit Beschluss der BNetzA vom 28.11.2023 erging die Methodikfestlegung für die Jahre 2024 bis 2028 für die Netzbetreiber in der Zuständigkeit der Regulierungskammer M-V. Die Regulierungskammer hat diesen Beschluss für die 4. Regulierungsperiode mit den beiden Anlagen (Bericht und Gutachten) hier veröffentlicht: https://www.regulierungskammer-mv.de/veroeffentlichungen/. Die Ermittlung des netzbetreiberindividuellen Qualitätselements erfolgt ab der 4. Regulierungsperiode unter Anwendung dieser Methodikfestlegung und der Festlegung zur Datenerhebung der Bundesnetzagentur.
Netzübergänge
Während der Regulierungsperiode kann es zu Veränderungen der Unternehmens- und Netzstruktur der Netzbetreiber kommen. Um die wirtschaftlichen Folgen von Netzübergängen und Netzaufspaltungen angemessen in den kalenderjährlichen Erlösobergrenzen abzubilden, hat der Verordnungsgeber in § 26 ARegV entsprechende Regelungen getroffen.
Bei einem teilweisen Übergang eines Energieversorgungsnetzes auf einen anderen Netzbetreiber und bei Netzaufspaltungen ist der Anteil der Erlösobergrenze für den übergehenden Netzteil auf übereinstimmenden Antrag der beteiligten Netzbetreiber durch die Regulierungsbehörden festzulegen. Die ursprünglich festgelegten Erlösobergrenzen des abgebenden Netzbetreibers sind um den entsprechenden Anteil der Erlösobergrenze zu vermindern. Analog ist die ursprünglich festgelegte Erlösobergrenze des übernehmenden Netzbetreibers um den entsprechenden Anteil der Erlösobergrenze zu erhöhen.
Hinweis: Die Regulierungsbehörde, die die aufzuteilende EOG ursprünglich festgelegt hat, ist gem. § 54 Abs. 2 S. 5 EnWG auch für die Neufestlegung der kalenderjährlichen EOG nach § 26 Abs. 2 ARegV zuständig (siehe dazu: BGH EnVR 18/14, Rz. 23).
Erfolgt hingegen ein Vollnetzübergang, d.h. der bisherige Netzbetreiber überträgt sein gesamtes Netz an einen anderen Netzbetreiber, darf bei dem übertragenden Netzbetreiber kein Rest des Netzes mehr verbleiben. Der abgebende Netzbetreiber gibt das Energieversorgungsnetz vollständig auf. Im Fall des Vollnetzübergangs nach § 26 Abs. 1 ARegV haben die Netzbetreiber den vollständigen Übergang des Energieversorgungsnetzes den zuständigen Regulierungsbehörden unverzüglich gemäß § 28 S. 1 Nr. 8 ARegV anzuzeigen. Einer Festlegung des übergehenden Anteils der kalenderjährlichen Erlösobergrenzen bedarf es in den Fällen des Vollnetzübergangs nicht.
Netzentgelte
Netzentgelte sind Entgelte für den Zugang zu den Stromübertragungs- und Stromverteilernetzen bzw. Gasfernleitungs- und Gasverteilernetzen. Vereinfacht ausgedrückt ist das Netzentgelt eine Gebühr, die jeder Netznutzer, der Strom oder Gas durch das Verteilernetz leitet, an den jeweiligen Netzbetreiber zu zahlen hat. Netzentgelte machen einen Teil des Strom- bzw. Gaspreises aus. Da Strom- und Gasnetze natürliche Monopole sind und die Höhe des Netzentgelts sich nicht im freien Wettbewerb bilden kann, werden die Netzentgelte reguliert. Die kalenderjährlichen Erlösobergrenzen, die als Geldbetrag gegenüber dem jeweiligen Netzbetreiber festgesetzt werden, sind in Netzentgelte nach den Maßgaben des § 21 EnWG und der StromNEV bzw. GasNEV umzusetzen. Dabei darf der Netzbetreiber durch die Summe seiner Netzentgelte nicht mehr verdienen, als ihm von der Regulierungsbehörde als Gesamterlös vorgegeben wurde. Der Netzbetreiber muss seine Gesamterlöse verursachungsgerecht auf alle von ihm betriebenen Netzebenen und Netzfunktionen umlegen (sog. Kostenträgerrechnung).
Die Netzentgelte hat der Netzbetreiber im Internet zu veröffentlichen. Die Höhe des Netzentgelts wird separat in der Rechnung des Energielieferanten ausgewiesen. Allerdings wird das Netzentgelt aus Grundpreis in €/Monat und Arbeitspreis in ct/kWh von Lieferanten sehr unterschiedlich in die Strompreise umgerechnet. Die Höhe des Netzentgelts ist regional und bei jedem Netzbetreiber unterschiedlich. Jedoch ist zu beachten, dass jeder Netzbetreiber nur ein Netzentgelt pro Spannungsebene hat. Es gilt der Grundsatz "Ein Netzbetreiber, ein Netzentgelt".
Strompreis
Die durchschnittlichen Strompreise im Jahr 2020 für Haushaltskunden (3.500 kWh) beträgt 31,37 ct/kWh.
Die nachfolgende Grafik stellt die einzelnen Bestandteile dar.
Gaspreis
Individuelle Netzentgelte
Als Sonderformen der Netznutzung eröffnet § 19 StromNEV die Möglichkeit individueller Netzentgelte. Gemäß § 19 Abs. 2 StromNEV können Letztverbraucher, bei denen die Jahreshöchstlast vorhersehbar in lastschwachen Zeiten auftritt (atypische Netznutzer) oder Letztverbraucher, die das Netz besonders intensiv nutzen (jährlich mindestens 7.000 Benutzungsstunden und 10 Gigawattstunden), ein individuelles Netzentgelt vereinbaren. Seit dem 01.01.2014 sind die zugehörigen geschlossenen Vereinbarungen bei der Regulierungskammer M-V anzuzeigen. Gemäß § 19 Abs. 4 StromNEV haben Betreiber von Stromversorgungsnetzen Letztverbrauchern, die Strom dem Netz ausschließlich zur Speicherung in einem Stromspeicher entnehmen und den zurückgewonnenen Strom wieder in das Netz einspeisen, ein besonderes individuelles Netzentgelt anzubieten. Die Anzeige muss bis zum 30. September des Jahres erfolgen, ab dem die Vereinbarung gelten soll.
Für die sachgerechte Ermittlung individueller Netzentgelte nach § 19 Abs. 2 StromNEV und weiterer Einzelheiten wird auf den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 11.12.2013 (BK4-13-739) verwiesen.
Aktuelle Information aufgrund pandemiebedingter Anpassung
Die Verordnung zur Umsetzung pandemiebedingter und weiterer Anpassungen in Rechtsverordnungen auf Grundlage des Energiewirtschaftsgesetzes ist am 06.11.2020 in Kraft getreten.
In die Stromnetzentgeltverordnung wurde eine Übergangsregelung für die Gewährung individueller Netzentgelte nach der Stromnetzentgeltverordnung (§ 19 Absatz 2 Satz 2 StromNEV) im Jahr 2020 aufgenommen.
Der Letztverbraucher hat jährlich bis zum 30. Juni des Folgejahres einen Nachweis über die Einhaltung der festgelegten Kriterien bei der Regulierungskammer M-V vorzulegen. Es ist zulässig, dass der Letztverbraucher seinen Netzbetreiber als „Erfüllungsgehilfen“ mit der Übermittlung der betreffenden Erhebungsbögen betraut.
Für die vollständige Erfüllung der Berichtspflicht stehen Ihnen unter Hinweise und Erhebungsbögen die hierzu erforderlichen Formulare zur Verfügung.
Entflechtung
Das Ziel des sogenannten Unbundlings ist es einen fairen, transparenten, kontrollierbaren und damit diskriminierungsfreien Netzbetrieb sicherzustellen. Konkret geht es um die Sicherstellung der Unabhängigkeit des Netzbetreibers von anderen energiewirtschaftlichen Tätigkeitsbereichen, z.B. Vertrieb und Erzeugung der Energieversorgung.
Dieses Ziel soll durch die in den §§ 7 -10 EnWG enthaltenen Maßnahmen zur rechtlichen, operationellen, informatorischen und buchhalterischen Entflechtung erreicht werden. Mit der Energierechtsnovelle 2011 wurden diese Regelungen für Transportnetzbetreiber noch einmal deutlich verschärft. Der Betrieb eines Transportnetzes bedarf der Zertifizierung durch die Regulierungsbehörde. Es gibt drei Modelle: eigentumsrechtlich entflochtener Transportnetzbetreiber, unabhängiger Transportnetzbetreiber und unabhängiger Systembetreiber.
Die Entflechtungsregelungen gelten seitdem auch für Betreiber von Gasspeichern.
Die Regulierungsbehörden des Bundes und der Länder haben zu den Fragen der Entflechtung verschiedene Auslegungsgrundsätze und Richtlinien entwickelt. Diese finden Sie unter „Hinweise und Erhebungsbögen“\Sonstiges.
Bezüglich der entflechtungsrechtlichen Fragen des Messstellenbetriebs siehe unter „Hinweise und Erhebungsbögen“\Sonstiges.
Missbrauchsaufsicht
Gemäß §§ 30, 31 EnWG hat die Regulierungsbehörde die repressive Missbrauchsaufsicht über das Verhalten der Strom- und Gasnetzbetreiber. Den Strom- und Gasnetzbetreibern ist ein Missbrauch ihrer Marktstellung verboten. Sind begründetet Anhaltspunkte gegeben, dass ein Strom- oder Gasnetzbetreiber sich bei der Gewährung des Netzzugangs missbräuchlich verhält, so kann die Regulierungsbehörde entweder auf Antrag durch Betroffene oder von Amts wegen ein Missbrauchsverfahren einleiten. Ein Missbrauch liegt dann vor, wenn z.B. von einem Netzbetreiber ohne sachlich gerechtfertigten Grund Entgelte für den Netzzugang gefordert werden, die von den Vorgaben der ARegV und der StromNEV abweichen.
Die Durchführung dieser Verfahren ist gebührenpflichtig.
Geschlossenes Verteilernetz
Betreiber von geschlossenen Verteilernetzen können gemäß § 110 EnWG auf Antrag von bestimmten gesetzlichen Verpflichtungen des EnWG befreit werden. Sie sind insbesondere von der Anreizregulierung freigestellt. Das Vorliegen eines geschlossenen Verteilernetzes ist an enge Voraussetzungen als eine Ausnahmeregelung für beispielsweise Industrie- und Gewerbegebiete geknüpft. Sie dient nicht der öffentlichen Versorgung, sondern einer geschlossenen Benutzergruppe.
Die Regulierungskammer M-V zieht bei ihrer Entscheidung über den Antrag das gemeinsame Positionspapier der Regulierungsbehörden der Länder und der Bundesnetzagentur vom 23.02.2012 heran.